Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Dezember 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 221/04

(BPatG: Beschluss v. 14.12.2005, Az.: 32 W (pat) 221/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Beschwerde der Anmelderin gegen die Entscheidung der Markenstelle wird zurückgewiesen. Die angemeldete Wortmarke "KNUSPER HASI" fehlt jegliche Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren. Die Markenstelle hatte die Anmeldung zuvor wegen fehlender Unterscheidungskraft abgelehnt. Die Anmelderin hatte einen Zusatz in das Warenverzeichnis aufgenommen, der besagt, dass die Waren nicht in Hasenform hergestellt werden. Die Anmelderin argumentiert, dass dieser Dislcaimer rechtmäßig ist und keinen Einfluss auf den Markenschutz hat. Das Bundespatentgericht folgt jedoch der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und erklärt, dass solche Einschränkungen des Markenschutzes nicht zulässig sind. Des Weiteren stellt das Gericht fest, dass "HASI" eine Koseform von "Hase" ist und der Begriff "Knusper" eine beschreibende Angabe für knusprige oder krosse Produkte darstellt. Auch wenn es üblich ist, bestimmte Waren wie Backwaren oder Schokolade in Hasenform anzubieten, wird die angemeldete Bezeichnung nicht als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb gesehen. Die Beschwerde wird daher abgelehnt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 14.12.2005, Az: 32 W (pat) 221/04


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 15. Oktober 2003 angemeldete Wortmarke KNUSPER HASI ist für die Waren

"Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Kuchen, Kekse, Zuckerwaren, Schokolade, Schokoladewaren und Pralinen, Speiseeis"

bestimmt.

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung, der u.a. der Ausdruck einer Internet-Seite beigefügt war, mit Beschluss einer Regierungsangestellten im höheren Dienst vom 13. September 2004 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. "HASI" sei eine gebräuchliche Kose- und Verniedlichungsform von "Hase". Auch die Verbindung des Begriffs "Knusper" mit einem auf die Form der Waren hinweisenden Element sei werbeüblich (z.B. Knusperstange, Knusper-Blätter, Knusperschnitte). In Verbindung mit den beanspruchten Waren werde der Verkehr die angemeldete Bezeichnung lediglich als schlagwortartigen Sachhinweis auf Knusprigkeit und die Form eines Hasen sehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie stellt den Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die beantragte Anmeldung zuzulassen.

Die erforderliche Unterscheidungskraft liege vor, weil es sich um ein unübliches Mehrwortzeichen handele und sich hinsichtlich der Bezeichnung "HASI" von "Hase" unterscheide. Zudem sei nicht beabsichtigt, unter der angemeldeten Bezeichnung Erzeugnisse in Form eines Knusperhasens zu vermarkten. Die Anmelderin hat dem Warenverzeichnis den Zusatz

"alle vorstehenden Waren jedoch unter Ausschluss von solchen in Hasenform"

hinzugefügt.

Ein derartiger Disclaimer sei zulässig. Er führe nicht zu Unsicherheiten bezüglich des Umfangs des Markenschutzes, weil Dritte sich anhand des Warenverzeichnisses entsprechend informieren könnten. Der Begriff "Hasenform" sei auch, entgegen der Ansicht der Markenstelle, nicht ungenau.

An dieser Auffassung hält die Anmelderin auch nach - nochmaligem - Hinweis seitens des Berichterstatters auf die Postkantoor-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (GRUR 2004, 674, Nrn. 111 - 117) fest. Die betreffenden Ausführungen seien nicht überzeugend. Das Bundespatentgericht habe in früheren Entscheidungen entsprechende Disclaimer/Einschränkungen für zulässig erachtet.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet, weil der als Marke angemeldeten Bezeichnung - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markenstelle - für sämtliche beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren (und Dienstleistungen) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeistanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr. 59; GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Nr. 123). Kann einer Wortmarke ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr, etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt diese jeglicher Unterscheidungseignung und damit jeglicher Unterscheidungskraft (st. Rspr.: vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).

Der Prüfung ist das Warenverzeichnis in seiner ursprünglichen Fassung zugrunde zu legen. Denn der in der Beschwerdeschrift einschränkend hinzugefügte Nachsatz (sog. Disclaimer) ist nach der Postkantoor-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (a.a.O., Nrn. 111 - 117) nicht zulässig. An dessen Auslegung der Markenrichtlinie (Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988), in deren Umsetzung das deutsche Markengesetz ergangen ist, sind die nationalen Behörden und Gerichte gebunden. Nach dieser Rechtsprechung (a.a.O.) ist es nicht zulässig, dass die zuständige Behörde die Marke nur insoweit einträgt, als die fraglichen Waren ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen. Eine solche Praxis würde zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Umfangs des Markenschutzes führen. Dritte - insbesondere Konkurrenten - wären im allgemeinen nicht darüber informiert, dass sich bei bestimmten Waren der durch die Marke verliehene Schutz nicht auf diejenigen Waren erstreckt, die ein bestimmtes Merkmal aufweisen; sie könnten so dazu veranlasst werden, bei der Beschreibung ihrer eigenen Produkte auf die Verwendung der Zeichen oder Angaben zu verzichten, aus denen die Marke besteht und die dieses Merkmal beschreiben.

Diese verbindliche Auslegung des maßgeblichen Rechts durch den Europäischen Gerichtshof hat zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung und -praxis in Deutschland geführt. Derartige einschränkende Zusätze (Disclaimer) bezüglich bestimmter Merkmale werden, entgegen früherer Ansicht - weshalb die seitens der Anmelderin angeführten Entscheidungen des Bundespatentgerichts aus der Zeit der Geltung des WZG überholt sind -, generell nicht mehr als zulässig angesehen (vgl. z.B. die Beschlüsse 27 W (pat) 397/93, 26 W (pat) 111/03 und 27 W (pat) 345/03, die sämtlich im Jahre 2004 ergangen sind).

Der zweite Wortbestandteil der angemeldeten Marke "HASI" ist - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt und belegt hat - eine Koseform von "Hase". Der am Anfang stehende Ausdruck "KNUSPER" ist geeignet, den Sachhinweis auf ein knuspriges oder kross gebackenes Produkt zu vermitteln, was wohl auch die Anmelderin nicht in Abrede stellen will. Dass es, jedenfalls für "feine Backwaren und Konditorwaren, Zuckerwaren, Schokolade, Schokoladewaren", üblich ist, diese - etwa für das Ostergeschäft - in Hasenform anzubieten, kann ebenfalls nicht fraglich sein. Aber auch hinsichtlich der anderen beanspruchten Erzeugnisse ist es nicht völlig fernliegend, diese in Form von Tieren zu backen bzw. auszuformen und mit einem knusprigen Belag oder Überzug zu versehen bzw. einer knusprigen Mischung - etwa aus kleinen Nüssen - zu füllen.

Ob es sich bei "KNUSPER HASI" zusätzlich auch um eine unmissverständliche Produktmerkmalsangabe i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG handelt, kann in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markenstelle dahingestellt bleiben.

Der Beschwerde war somit der Erfolg zu versagen.

Prof. Dr. Hacker Kruppa Viereck Hu






BPatG:
Beschluss v. 14.12.2005
Az: 32 W (pat) 221/04


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